Senioren und die digitale Welt

27.09.2017

Nutzung des Internets durch Personen ab 65 Jahren und das wahrgenommene Gefühl, ausgeschlossen zu sein.

Das Internet gehört heute für viele zur Alltagsanwendung. Jedoch bleibt die Nutzung in der Altersgruppe ab 65 Jahren zurück.Gerade ältere Menschen sind von einer Nichtteilhabe an der neuen digitalen Gesellschaft betroffen. Aber wird dies von den älteren Menschen auch selbst so wahrgenommen?

Am 7. Dezember 2017 erschien im Bündner Tagblatt folgender Beitrag von Josef Senn. Josef Senn ist Mitglied des Schweizerischen Seniorenrats.

Äl­te­re Per­so­nen in­for­mie­ren sich häu­fig on­li­ne?

Diese Äusserung respektive Überschrift stand jüngst über einer Medienmitteilung des Bundesamts für Gesundheit. Sie betrifft jedoch nur die Informationen über Gesundheitsthemen. Die Mehrheit soll sich demnach über das Internet Wissen über die Gesundheit holen. Wie gross diese Mehrheit ist, knapp über 50 Prozent oder fast 100 Prozent, wird nicht gesagt. Gemäss einer Mitteilung auf dem Seniorenweb nutzt nur knapp die Hälfte (45 Prozent) der über 75-Jährigen das Internet. Etwa 62 Prozent der 65- bis 74-jährigen sind in der Lage, online zu Informationen zu kommen. Wenn die Tendenz in diesem Alterssegment auch steigend ist, werden doch eine nicht unbedeutende Anzahl älterer Mitbürgerinnen und Mitbürger in der Möglichkeit eingeschränkt, sich wichtige Informationen zu beschaffen. Eine Vergleichszahl sei noch angemerkt: Bei den Erwachsenen unter 65 Jahren haben 86 Prozent die Möglichkeit, das Internet zu nutzen.

Angesichts dieser Entwicklung erstaunt es nicht, dass die Vereinten Nationen den Internetzugang zu einem Menschenrecht erklärt haben. Trotzdem sind ältere Menschen in erheblichem Mass davon ausgeschlossen. Eine Erklärung, die auf der Hand liegt: Viele im Ruhestand lebende Personen hatten während ihrer beruflichen Tätigkeit nicht die Möglichkeit oder waren nicht gezwungen, sich in die Welt des Internets zu begeben. Genügt das als Erklärung? Sicher zum Teil. Denn sich nachträglich mit den recht komplexen Voraussetzungen zur Nutzung des Internets vertraut zu machen, ist anspruchsvoll. Kommt dazu, dass auch die Kosten zu hoch sein können für die Anschaffung der notwendigen Geräte und für den Zugang zum Internet, wenn das Einkommen allein aus der AHV-Rente besteht und während der Erwerbszeit keine Möglichkeit bestand, eine zweite Säule aufzubauen oder für eine dritte zu sparen.

Bei vielen Nicht-Internet-Nutzern sind auch Ängste vorhanden, die sie davon abhalten, sich mit den Geräten und deren Möglichkeiten vertraut zu machen. Die fast täglichen Warnungen vor der Internetkriminalität schrecken sie davon ab, sich auf das Minenfeld der Internetwelt zu wagen. Auch die Angst, dass viele und wichtige ihrer Daten in falsche Hände geraten könnten, ist ein weiterer Grund, auf den Internetzugang zu verzichten. Zudem ist es ja möglich, allenfalls über nächste Angehörige (Kinder und Enkel) oder Freunde und Bekannte an wichtige Informationen zu kommen, die nur über diesen Weg beschafft werden können. Das hat den Nebeneffekt, dass das soziale Netz nicht verkümmert und man sich nicht die Augen viereckig sieht, wenn der Internetkonsum über das gesunde Mass hinausgeht, was auch bei älteren Menschen zutreffen soll.

Ist also bezüglich Zugang zum Internet für ältere Personen alles in Ordnung? Oder ist das Alter eine Barriere, die den Zugang zur Online-Welt verunmöglicht und diese Personen benachteiligt, ja sie sogar eines Menschenrechts beraubt? Sicher ist heute jedem zu raten, dass er sich à jour halten soll, wenn er bereits die Möglichkeit hat, sich über Internet zu vernetzen und sich auf diesem Weg notwendige Informationen zu beschaffen. Wer die Mühe nicht scheut, auch nach der Erwerbszeit sich mit diesem Medium vertraut zu machen und es in gesundem Mass zu nutzen, hat in der heutigen Gesellschaft einen gewissen Vorteil. Sie oder er muss sich mindestens nicht darüber ärgern, wenn nach einer Ansage in den Medien der Hinweis steht: Weitere Infos über www …, und sie oder er sich dann wie der Ochs am Berg vorkommen muss. Dennoch tun Gesellschaft, Ämter und Behörden gut daran, sich zu erinnern, dass nicht 100 Prozent der Bewohner in unserem Land Zugang haben zu Informationen, die nur über Internet zu haben sind. Anderseits ist es nicht schlecht, sich auch noch mit Beginn des Rentenalters mit den Internetmöglichkeiten vertraut zu machen. Die Online-Welt ist «Wirklichkeit», das Rad lässt sich in diesem Bereich nicht mehr zurückdrehen. Zudem ist die Benutzung und Handhabung der elektronischen Medien ein gutes Training für immer älter werdende Hirnwindungen und deren Zellen.

 

Studie der Fachhochschule St. Gallen

Eine Studie der Fachhochschule St. Gallen zeigt das Nutzungsverhalten der älteren Bevölkerung. Klicken Sie dazu auf folgende Links:


http://www.fhsg.ch/fhs.nsf/files/ipw_Seifert%20&%20Misoch%202016/$FILE/Seifert_Misoch_2016.pdf

https://www.fhsg.ch/fhs.nsf/de/home