Bericht: Soazza
10.05.2018
Entdeckung eines Juwels
Viele von uns sind sicher schon oft durchs Misox gefahren und haben von Soazza nur den markanten Kirchturm auf dem Felsvorsprung gesehen. Die rund dreissig Teilnehmenden des Ausfluges nach Soazza durften am 16. April 2018 dieses schmucke Dorf und das Kulturzentrum näher kennenlernen, unter der äussert fundierten Führung von Paolo Mantovani. Bei Sonnenschein wanderten wir auf dem alten Bahntrasse von Mesocco nach Soazza. Mit der Stilllegung der Bellinzona-Mesocco-Bahn 1972 wurden nicht nur das Bahntrasse frei, sondern auch die verschiedenen Bahnhöfe. In Soazza machten sich aktive Menschen an die Arbeit und mit viel Durchhaltewillen konnte 2011 im 350 Seelendorf ein einmaliges Kulturzentrum eröffnet werden mit Bibliothek, Regionalarchiv, einem kleinen Museum und einem Mehrzweckraum.
Diese Menschen waren und sind sich heute noch der Schätze bewusst, die die Geschichte eines Dorfes in sich trägt, und sammelten über viele Jahre mündliche und schriftliche Dokumente, so entstand ein reichhaltiges Archiv. Die Geschichten einiger Generationen über das karge Leben in früheren Zeiten, über Hungersnöte, über das Problem mit dem Wolf, der z.B. die einzigen zwei Ziegen einer armen Familie tötete, von den Frauen, die die Alpen allein bewirtschafteten usw.. Das Wissen über die Entwicklung des Dorfes und des Tales ist nicht verloren gegangen und heute in digitalisierter Form vorhanden.
Ab ca. 1950 förderte das Schweizerische Heimatwerk das einheimische Handwerk, die Bearbeitung des Lavazzasteines zu Koch- und Vorratstöpfen und die Verarbeitung der Schafwolle, was einigen Verdienst ins Dorf brachte.
Nach dem Mittagessen stand ein Dorfrundgang auf dem Programm. Erster Halt in einer der beiden Barockkirchen des Dorfes, wo auch eine vielseitige Orgel steht. Paolo Mantovani kommt richtiggehend ins Schwärmen, wenn er an das nächtliche Orgelspiel von Hannes Meyer zurückdenkt, nur für ihn gespielt. Der wohl bekannteste Schweizer Organist wohnte zeitweise in Soazza. Weiter ging es zum Pilgerhospiz am oberen Dorfrand. Die vielen Sakralbauten im Dorf sind vor allem dank den baufreudigen Kapuzinermönchen im 17. Jahrhundert entstanden.
Von hier oben hat man einen wunderschönen Ausblick auf den vollständig erhaltenen Dorfkern und das Misox. Stolz der Gemeinde sind auch die Kastanienwälder mit z.T. 600-jährigen Bäumen von bis zu 7 Meter Umfang. Der Besuch dieser Wälder wäre wohl ein separater Ausflug wert.
Die Idee Soazza kennenzulernen war sehr gut. Einen herzlichen Dank an Ruth Wolf und unserem Begleiter Hans Joss! Es war ein schöner Tag.
Silvia Keller